Persönliche Erklärung nach §31 GO BT zur zweiten und dritten Beratung des von den Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP am 18. Oktober 2024, dem 195. Sitzungstag, als ZP 7 eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der in-neren Sicherheit und des Asylsystems (20/12805) sowie als ZP 8 eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Terrorismusbekämpfung (20/12806) - beide in der im Ausschuss beschlossenen Fassung.
Die diskutierten Gesetzentwürfe sind eine Reaktion auf den schrecklichen Terrorangriff in Solingen. Als Bündnisgrüne Bundestagsfraktion ist es wichtig, dass solche Terroranschläge mit allen rechtsstaatlichen Möglichkeiten bekämpft werden. Dazu gehören Investitionen in die innere Sicherheit, gute Rechtsgrundlagen und auch Prävention. Menschen oder gar ganze Gruppen dürfen allerdings nicht unter Generalverdacht geraten.
Doch anstatt nach solch einem Terroranschlag eine Debatte über sicherheitspolitische Herausforderungen zu führen, gab es einen Überbietungswettbewerb an menschenfeindlichen Forderungen. Terrorismus wird zum Migrationsproblem umgedeutet. Die Debatte wird zu Lasten von benachteiligten Gruppen geführt.
Durch den Bundeskanzler und die Bundesinnenministerin wurde in dieser populistisch geführten Debatte ein Paket von Maßnahmen das sogenannte „Sicherheitspaket“ vorgeschlagen.
Diese Maßnahmen sind aus unserer Sicht nicht zielführend, um die Sicherheitslage in unse-rem Land zu verbessern.
Der Entwurf der Bundesregierung des „Sicherheitspakets“ war für uns als Bündnisgrüne Bundestagsfraktion nicht hinnehmbar und keine Antwort auf die aktuelle Sicherheitslage. Auch für uns persönlich ist dieses „Sicherheitspaket“ der falsche Weg, denn es sah massive Grundrechtseinschränkungen vor und auch Expert*innen äußerten asyl-, verfassungs- und bürger*innenrechtliche Bedenken.
Im parlamentarischen Verfahren konnten dank unseres Einsatzes Verbesserungen erreicht werden:
Der Entwurf für das „Sicherheitspaket“ betraf unter anderem Leistungsstreichungen für „Dublin-Fälle“ – also Menschen, für deren Asylverfahren ein anderes EU-Land zuständig ist. Diese Personen sollten nur noch zwei Wochen gekürzte Leistungen erhalten (sogenannte „Überbrü-ckungsleistungen“) und danach gar nichts mehr. Damit sollte ein Anreiz geschaffen werden, dass sie Deutschland wieder verlassen und in das zuständige EU-Land zurückkehren. Problematisch ist dabei, dass eine Überstellung in andere EU-Länder an der fehlenden Kooperati-onsbereitschaft dieser scheitern kann. Dadurch können Menschen in die Obdachlosigkeit ge-drängt werden. Besonders für Kinder ist die Lage dramatisch. Ihre Bedarfe können nicht von denen ihrer Eltern getrennt werden. Auch für Menschen mit Behinderungen verschlechtert sich die Lage enorm.
Im Gesetzgebungsverfahren wurde ergänzt, dass die Ausreise „rechtlich und tatsächlich“ möglich sein muss, was vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) festgestellt wird. Die Betroffenen müssen in das zuständige Land reisen können und dafür die erforderlichen
Papiere haben. Außerdem konnten wir erreichen, dass die geplanten Verschärfungen bei der Frage, wer noch Überbrückungsleistungen erhält, zurückgenommen wurden.
Bei den Regelungen zum Waffenrecht standen höchst problematische Eingriffe in Bürger*innen- und Freiheitsrechte, Regelungen, die es Verfassungsfeind*innen und Extremist*innen er-schweren legal in den Besitz von Waffen zu kommen, gegenüber.
Wir Bündnis 90/Die Grünen sind eine Bürger*innenrechtspartei und für uns ist klar, dass im Kampf gegen Terrorist*innen nicht die digitalen Grundrechten aller Menschen eingeschränkt werden dürfen. Wenn man die digitalen Befugnisse für die Bundespolizei und das BKA erweitert, dann darf das nur die Menschen treffen, von denen eine begründete Gefahr ausgeht. Wir haben erreicht, dass dies durch eine gesonderte Rechtsverordnung sichergestellt werden wird. Außerdem konnten wir ein Monitoring und eine Evaluation verankern.
Bei der Bewertung des Gesetzespakets muss auch berücksichtigt werden, dass zahlreiche Landesregierungen durch Bundesratsinitiativen und Oppositionsfraktionen durch Anträge noch viel weitreichendere Grundrechtseingriffe und Rechtsverschärfungen fordern. Auch, dass der Bundeskanzler betont, wie wichtig ihm dieses Maßnahmenpaket ist, muss bedacht werden.
Wir stimmen dem Gesetz daher nicht aus inhaltlicher Überzeugung, sondern aufgrund seiner Bedeutung für die Koalition zu.
Gleichzeitig muss klar sein, sollten sich die Bedenken in Hinblick auf eine rechtmäßige Umsetzung der Maßnahmen bestätigen, muss eine Korrektur erfolgen.
Denise Loop und Merle Spellerberg