„Who cares? We (still) do!“
Denise Loop, Obfrau der Bundestagsfraktion Bündnis 90/ Die Grünen im Ausschuss für Familie, Senior*innen, Frauen und Jugend, Sarah-Lee Heinrich, Bundesprecherin der Grünen Jugend und Schahina Gambir, Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen und Mitglied im Ausschuss für Familie, Senior*innen, Frauen und Jugend,
erklären in ihrem Offenen Brief anlässlich des internationalen Frauenkampftags:
„Who Cares? We (still) do!“
„An dem diesjährigen Frauenkampftag gibt es einen guten feministischen Grund zum Feiern: Wir haben in Deutschland eine Bundesregierung, die mit Gleichstellungsministerin Anne Spiegel an der Spitze Gleichstellungspolitik ernst nimmt und sie ressortübergreifend, international und intersektional denkt.
Diese Neuausrichtung muss nun schnellstmöglich zu wirklichen Verbesserungen für die Frauen in Deutschland führen, denn wir sind immer noch weit von echter Gleichstellung und gleichberechtigter Teilhabe entfernt. Dies zeigt sich besonders im arbeitsmarktpolitischen Bereich.
So verharrt der Gender Pay Gap weiterhin auf 18 Prozent. Was konkret bedeutet, dass Frauen im Durchschnitt 18 Prozent weniger verdienen als Männer. Damit liegt Deutschland im EU-Vergleich bei der Lohndiskriminierung weit vorne. In Minijobs stellen Frauen mit 60 Prozent den größeren Anteil und sind dadurch häufiger prekär beschäftigt, dies betrifft insbesondere auch Frauen mit Migrationsgeschichte. Sie arbeiten mehrheitlich in den „systemrelevanten“ Berufen wie der Pflege, der Lebensmittelbranche, der Landwirtschaft oder dem Reinigungsbereich. Im Migration Pay Gap wird deutlich, wie hoch die Lohnlücke bei deutschen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern mit und ohne Migrationsgeschichte ist. Bei Frauen mit Migrationsgeschichte liegt dieser aktuell bei 17,6 Prozent.
Im Gegensatz zum Niedriglohnsektor sind Frauen in Führungsetagen hingegen deutlich unterrepräsentiert. 2020 waren nur 11 Prozent aller Vorstandsposten der 160 größten deutschen börsennotierten Unternehmen mit Frauen besetzt. Nicht zuletzt zeigen aktuelle Zahlen, dass die Corona-Pandemie bestehende Strukturen der ungleichen Aufteilung von unbezahlter Care- und bezahlter Erwerbsarbeit noch weiter verschärft hat. Allein im Januar dieses Jahres musste jede fünfte Mutter ihre Arbeitszeit wegen Kinderbetreuung reduzieren.
Mit Vorhaben wie der Einführung des Mindestlohns von 12 Euro und der Weiterentwicklung des Entgelttransparenzgesetzes, schafft der Koalitionsvertrag den notwendigen Rahmen für einen echten Aufbruch. Auch die vereinbarte Überarbeitung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes wird Frauen besser gegen Benachteiligungen im Arbeitsleben schützen, indem der Rechtsschutz verbessert wird und bestehende Schutzlücken endlich geschlossen werden.
Auch wenn wir uns im Koalitionsvertrag nicht darauf verständigen konnten, fordern wir weiterhin:
Die gleichberechtige Teilhabe in der Gesellschaft, in der Familie und im Beruf für alle Menschen zu verbessern.
Wir müssen die Minijobs abschaffen und in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung überführen.
Wir brauchen eine feste Frauenquote von mindestens einem Drittel Frauen für Unternehmensvorstände – eine Frau im Vorstand reicht nicht für den Kulturwandel in den Führungsetagen. Auch hier sind insbesondere Frauen mit Migrationsgeschichte unterrepräsentiert.
Während die Gesellschaft zunehmend vielfältiger wird, spiegelt sich dieser Veränderungsprozess kaum in den Chefetagenwider. Auch das muss sich ändern. Dazu müssen wir konsequent gegen diskriminierende und rassistische Strukturen vorgehen, die mehr Repräsentanz verhindern.
Es ist noch keine Gleichberechtigung, wenn unbezahlte Fürsorgearbeit von Frauen nun durch schlecht bezahlte Arbeit ersetzt wird. Fürsorgeberufe sind systemrelevant und das muss sich zeigen, durch höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen. Deswegen solidarisieren wir uns mit den Arbeiter*innen in den Sozial- und Erziehungsberufen, die gerade den Arbeitskampf für eine gerechte Arbeitswelt aufgenommen haben!
Wir brauchen einen grundlegenden gesellschaftlichen Wandel hin zu gerechter Verteilung von Sorge- und Erwerbsarbeit, um Altersarmut bei Frauen zu bekämpfen und wirkliche Gleichstellung zu erreichen!
Für diese überfälligen Veränderungen werden wir nicht nur an diesem, sondern an jedem Tag streiten! Wir wollen und werden unseren Beitrag dazu leisten, dass die Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag mit Leben gefüllt und schnell umgesetzt werden. Und wir werden dafür werben, dass wir bei der Gleichstellungspolitik noch mehr wagen.
Deswegen sagen wir im Sinne des weltweiten Mottos für den internationalen Frauenkampftag „Each for Equal“: Lasst uns gemeinsam Banden bilden für mehr Gleichstellung, für gleiche Bezahlung, für gerechte Verteilung von Sorge- und Erwerbsarbeit!“
Denise Loop
Sarah-Lee Heinrich
Schahina Gambir
Berlin, 07.03.2022
Denise Loop, MdB
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